Sonnenhügel – Haus der Gastfreundschaft

Nach den Wirren des Bauernkrieges beschloss die Luzerner Obrigkeit, im Entlebuch zur Befriedung der ländlichen Bevölkerung ein Kapuzinerkloster zu errichten. Die Wahl fiel auf Schüpfheim, wo 1655 der Grundstein zum Klosterbau gelegt wurde. Vier Jahre später zogen die Brüder in das neue Gebäude ein. Ihren Dank für das Engagement der Kapuziner drückte die Entlebucher Bevölkerung in Form von Almosen und Spenden aus. Bekannt geworden ist vor allem der Brauch des «Kapuziner-Chääs», den die Käsereien dem Kloster alljährlich zukommen liessen. Umgekehrt luden die Patres und Fratres jedes Jahr zum Behördenessen ein, an welchem die Entlebucher Beamten zu Schnecken-Essen und gemütlichem Jass ins Refektorium kamen. Nachwuchsmangel zwang die Kapuziner nach mehr als 300 Jahren, im Jahr 1979, zum Verlassen des Klosters. Daraufhin wurde das Gebäude zunächst von den Kapuzinerinnen (Haus der Stille, 1980–90) und durch das Wohn- und Pflegezentrum Schüpfheim genutzt.

Im Jahr 1993 schliesslich stellten die Kapuziner ihre Liegenschaft einem neuen sozialen Projekt zur Verfügung: Im Sonnenhügel – Haus der Gastfreundschaft lebt eine kleine Kerngemeinschaft vor Ort, während weitere Gäste für eine begrenzte Zeit mitleben können. So entstand ein Ort der Hoffnung und der Neuorientierung, wo Menschen in psychischer, geistlicher oder sozialer Krise für eine gewisse Zeit ein Stück Halt erfahren können. Diesen Idealen ist der Sonnenhügel bis heute treu geblieben. Nach der Pionierzeit und der Konsolidierungsphase lebt heute die dritte Generation der Kerngemeinschaft im Haus der Gastfreundschaft. Hunderte von Gästen haben hier ein Stück Heimat gefunden, haben Gemeinschaft erfahren und sind gestärkt weitergezogen. Ausgebrannte Familienmütter und -väter finden im steten Rhythmus der gemeinsamen Mahlzeiten und der morgendlichen Arbeiten in Haus und Garten für einige Wochen Ruhe. Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen verhelfen die handfesten, sinnlichen Tätigkeiten zu einem inneren Gleichgewicht. Wo früher Leute in Scharen zur Beichte kamen, wird heute beim gemeinsamen Jäten manche bedrückende Geschichte erzählt, und wo im Zusammenleben Konflikte entstehen, die ausgetragen werden müssen, wird manche Predigt zur gelebten Erfahrung.

Mit der Schenkung des Hauses an die Stiftung Edith Maryon im Jahr 2011 kann Bewährtes langfristig gesichert werden: Der Biosphäre Entlebuch bleibt ein wertvolles Kulturgut erhalten. Auch die Initiative Sonnenhügel behielt ihre Heimat. Für den Erweiterungsbau und die erste Sanierungsetappe in den Jahren 2017/18 konnte der Verein «Sonnenhügel – Haus der Gastfreundschaft» zahlreiche Spenden von Privatpersonen und Stiftungen sammeln. Als Hauseigentümerin trug unsere Stiftung ebenfalls Mittel in einem erheblichen Umfang bei. Mit den renovierten und neu entstandenen Räumlichkeiten konnte das «Haus der Gastfreundschaft» sein soziales Angebot deutlich erweitern. So lebt das ideelle Erbe der Kapuziner – das seelsorgerliche Wirken aus franziskanischem Geist – in diesen Mauern und in dieser Region weiter.

Projektdaten
Standort Kapuzinerweg 1, 6170 Schüpfheim, Schweiz
Grundstück 7405 m2
Baujahr 1655-62, Erweiterungen in den 1920er Jahren und 2017/18
Architekt Baumeister Bruder Probus Heine (1655), Hans Burkhard (1927), Benno Baumeler (2018)
Projektthema Gemeinschaftswohnen, Gesundheit und Erholung
Nutzung Lebensgemeinschaft
Projektpartner Verein
Vertragsart Miete
Stiftungsunternehmen Stiftung Edith Maryon
Projektentstehung Schenkung
Projektbeginn 2011